meist Mehrzahl Äonen, Ewigkeit, Weltalter,
unendliche Zeit;
(siehe auch "Brahma")
Amitabha
Amitabha
(Sanskrit: dessen Glanz unendlich ist), Buddha des Mitleids im Mahayana-Buddhismus.
Dieser Kult steht im Mittelpunkt des Sukhavati. Nach dem Sukhavativyuha
Sutra (Sutra der Beschreibung des westlichen Paradieses) war Amitabha
ursprünglich ein Mönch namens Dharmakara, dem der Buddha Lokesvararaja
die Schönheit des Landes Buddhas (des buddhistischen Himmels) beschrieb.
Auf seinem Weg zur Buddhaschaft gelobte er ein Land zu schaffen, das
schöner sei als das beschriebene Paradies. Bei seiner Erleuchtung
als Buddha Amitabha wurde dieses Gelübde erfüllt und sein Reich wurde
das im Westen gelegene Sukhavati. Die Richtung innerhalb des
Buddhismus, die auf den Buddha Amitabha zurückgeht, ist nach dem Paradies
Sukhavati benannt. Seine Anhänger sind vor allem in China und
Japan vertreten. In der klassischen japanischen Kunst finden sich
viele Darstellungen des Amida (so lautet sein japanischer Name),
der als Avalokiteshvara angesehen wird, als Bodhisattva des Mitleids.
Als einer der fünf kosmischen Buddhas wird er auch im Tantrismus
verehrt.
Arhat
Arhat (Sanskrit:
der Würdige), buddhistischer Heiliger, der zu Lebzeiten das Nirvana
erreicht hat und nicht mehr wiedergeboren wird. Für den Theravada-Buddhismus
ist dieser Status das letzte Ziel allen buddhistischen Strebens, auch
wenn nur ein Mönch oder eine Nonne in der Lage sind, ein Arhat
zu werden. Die frühe buddhistische Überlieferung kannte die vier folgenden
Stufen auf dem Weg zum Nirvana: den
in den Strom Eingetretenen", der nur noch siebenmal wiedergeboren
wird; den Einmal-Wiederkehrenden", der das Nirvana in der
nächsten Wiedergeburt erreichen wird; den Nicht-Wiederkehrenden",
der nicht zurückkehren, sondern das Nirvana in höheren Formen der
Existenz erlangen wird; und den Arhat, einer, der schon in
diesem Leben den Kreislauf der Wiedergeburten (Samsara) verlassen
hat. Im Mahayana-Buddhismus gibt es die Vorstellung
von 16 (oder 18, oder 500) Arhats (chinesisch lohan;
japanisch Rakan), die dem Buddha gedient haben und bis zum
Kommen des nächsten Buddha in der Welt verbleiben. Der Mahayana-Buddhismus
stellt jedoch den Bodhisattva, der über die Kräfte eines Halbgottes
verfügt und seine Verdienste an andere weiterreichen kann, über den
Arhat.
Aristokratie
adelige Oberschicht, Führungsschicht einer
Gesellschaft
Askese
enthaltsame Lebensweise (oft religiös)
Atman
Begriff des Hinduismus
für den Atem oder Seele und das Prinzip des Lebens. Der Atman,
oder die Einzelseele, wird als identisch angesehen mit dem Brahman,
der Weltseele. In der Philosopohie der Hindu bezeichnet Atman
auch das wahre Wesen aller Dinge, einschließlich des Universums. Vom
Atman wird gesagt, er sei das einzige Ding das wirklich existiere,
eine unvergängliche Substanz, die in den Wiedergeburten von Körper
zu Körper wandere.
Brahma:
Brahma, als eine Gestalt
des höchsten Brahman (in der Rigveda die Macht des Mantras, des schöpferischen
Wortes) der Schöpfer des Universums. Er ist der Erste der drei hinduistischen
Götter, neben Vishnu und Shiva, die im Hinduismus eine Trinität bilden.
Obwohl die Eigenschaft schöpferischer Tätigkeit in der älteren vedischen
Periode verschiedenen Göttern zugeschrieben wird, erscheint in den
Brahmanas (einem Teil der vedischen Literatur, der sich mit Dogmen
und Ritualen auseinandersetzt, aber auch mit Überlieferungen und abstrakten
Spekulationen) der Vatergott Prayapati oder Brahma als individueller
Schöpfer. Im Manu Smriti oder Gesetz des Manu wird Brahma als ein
aus sich selbst geschöpftes Wesen beschrieben, das, nach der Lehre
vom kosmischen Ei, die Welt aus einem Ei erschafft. Seine Existenz
dauert ein Äon, was nach menschlichen Maßstäben ewig ist. Die traditionellen
hinduistischen Darstellungen des Brahma zeigen häufig, wie er aus
einer Lotosblume geboren wird, die dem Nabel des Vishnu entsprang.
Ursprünglich wurden ihm fünf Köpfe zugeschrieben, doch einer wurde
von Shiva zerstört. Seine Farbe ist rot, und er sitzt auf dem Rücken
eines Schwans. Sarasvati, Göttin der Rede und Gelehrsamkeit, ist seine
Gattin. Im heutigen Hinduismus spielt Brahma fast keine Rolle mehr.
Vishnu und Shiva werden von den Hindus mehr verehrt als dieser vergleichsweise
abstrakte
Dalai-Lama
Dalai-Lama, geistliches
und politisches Oberhaupt des tibetanischen Buddhismus. Der Dalai-Lama
gilt als Inkarnation des Bodhisattva Avalokiteshvara und zugleich
als Reinkarnation seines jeweiligen Vorgängers. Es heißt, dass die
Seele des Dalai-Lama nach seinem Tod in den Körper eines männlichen
Neugeborenen eingeht, der dann aufgrund bestimmter körperlicher Merkmale
als neue Inkarnation identifiziert und zum neuen Dalai-Lama erklärt
wird.
Der
erste, der den Titel Dalai-Lama trug, war Sonam Gyatso, ein Großlama
des Drepung-Klosters und Oberhaupt des Gelugpa-Ordens (Gelbmützen"),
der den Titel im Jahre 1578 von dem Mongolenherrscher Altan Khan erhielt.
Der Titel wurde dann rückwirkend auf alle früheren Ordensoberhäupter
übertragen. 1642 setzte dann der Mongolenführer Gushri Khan den fünften
Dalai-Lama (1617-1682) als geistlichen und weltlichen Herrscher von
Tibet ein. Seine Nachfolger regierten Tibet anfangs als Untergebene
der Mongolen und danach, von 1720 bis 1911, als Vasallen des Kaisers
von China.
Als
die chinesischen Kommunisten 1950 Tibet besetzten, gerieten sie in
zunehmenden Konflikt mit Tenzin Gyatso, dem 14. Dalai-Lama. Nach
einem erfolglosen Aufstand im Jahre 1959 verließ er das Land und lebt
seither in Indien. 1989 erhielt er den Friedensnobelpreis für seinen
gewaltlosen Widerstand gegen die chinesische Herrschaft in Tibet.
Dharma
Dharma (Sanskrit:
Halt, Gesetz; Pali dhamma), zentraler Begriff des Hinduismus,
der mehrere Bedeutungen hat: Er bezeichnet die Weltordnung, die gesellschaftliche
Ordnung, das Gesetz des Kosmos, sowie die Heilsordnung. Als eines
der vier Ziele der Menschen" (neben Sinnengenuss, Gewinn
weltlicher Güter und Erreichung der Erlösung) steht das Dharma für
den Glauben, dass die Art und Weise, wie die Dinge sind (deskriptives
Gesetz), z. B., dass die Sonne im Osten aufgeht, nicht von der
Art und Weise zu trennen ist, wie die Dinge sein sollten (vorgeschriebenes
Gesetz), wie z. B., dass Brahmanen kein Rindfleisch essen sollen.
Die Sanskrit-Lehrbücher vom Dharma (Dharmasutras und Dharmasastras)
versuchen mit ihren argumentativen Kommentaren das besondere, relativistische
Dharma der Kaste (svadharma, das, was eine jede Person ist
und was sie deshalb tun sollte) mit dem allgemeinen, absoluten Dharma
einer universalen Ethik (sanatana dharma, ewiges Dharma, das,
was alle tun sollten: die Wahrheit sagen, nicht töten, tugendhaft
sein usw.) in Einklang zu bringen.
Im Buddhismus ist Dharma die ewige Wahrheit, die
schon vor Buddha existierte und die dieser wiederentdeckte und verkündete.
Das Dharma bildet zusammen mit Buddha selbst und dem Sangha
(Gemeinschaft der Mönche) das Triratna (Drei Juwelen), die Grundlage
des Buddhismus. Das buddhistische Dharma, insbesondere die vier edlen
Wahrheiten, dienen zur Überwindung der Unwissenheit, welche die Lebewesen
im Kreislauf der Existenzen gefangen hält, und damit als ein Heilmittel
gegen das menschliche Leiden (dukkha). Im Plural (dharmas)
bezeichnet der Begriff auch die verschiedenen Elemente, aus denen
sich die Existenz zusammensetzt.
Hinduismus
Der
Hinduismus ist eine der bedeutendsten Weltreligionen, nicht nur was
die Zahl seiner Anhänger betrifft (ca. 700 Millionen), sondern
auch aufgrund des großen Einflusses, den er seit etwa 1500 v. Chr.,
während seiner langen Entwicklungsgeschichte, auf die vielen anderen
Religionen ausübte. Der Hinduismus, der in hohem Maße dazu neigt,
fremde Elemente aufzunehmen, wurde seinerseits von diesen unterschiedlichen
Religionen beeinflusst, was zum größten Teil zu seinem ausgeprägten
Synkretismus, d. h. zu der Vielzahl von Glaubensformen und Praktiken,
führte. Neben der hinduistischen Lehre führten insbesondere die geographischen
und wirtschaftlichen Bedingungen in Indien dazu, dass sich der Hinduismus
zu einem sozialen und religiösen System entwickelte, das alle Aspekte
des menschlichen Lebens bestimmt.
Hinayana-Buddhismus
(Sanskrit, Pali "kleines
Fahrzeug") Dieser Name war ursprünglich ein Spottname für die
konservativere, meist auf ihr eigenes Seelenheil bedachte Richtung.
Sie ist vor allem in Ceylon, Kambodscha und Thailand vorherrschend
und folgt zum größten Teil den ursprünglichen Lehren Buddhas. (siehe
auch unter Theravada-Buddhismus)
Für seine Anhänger bedeutet das Ziel des Nirwana
die Vernichtung der Individualität. Das kleine Fahrzeug betont das
göttliche Wesen Buddhas.
Richtung
des Buddhismus, die heute nur noch in Sri Lanka, Birma, Thailand,
Laos und Kambodscha verbreitet ist. (südl. Buddhismus).
Konstitutiv:
das Wesen einer Sache bestimmend.
Lamaismus
(tibetisch [b]lama:
der Obere), in Tibet, Sikkim, Bhutan, Ladakh und der Mongolei vorherrschende
Religion. Der Lamaismus ist eine Sonderform des Buddhismus (Mahayana,
Vajrayana), der Elemente der vorbuddhistischen Bon-Religion in sich
aufgenommen hat. Im Jahr 747 n. Chr. kam der buddhistische Mönch
und Gelehrte Padmasambhava, der aus einem Lotus Geborene"
(um 717-762), von Nordindien nach Tibet, wo er den ersten Orden der
Lamas (Mönche) gründete. Von dort aus verbreitete sich die Religion
sehr schnell. Die Zusammenkünfte, die dreimal täglich stattfinden,
werden durch das Läuten einer kleinen Glocke angekündigt. In den Versammlungsräumen
sitzen die lamaistischen Mönche entsprechend ihrem geistlichen Rang
in Reihen. Die mystische Versenkung wird dadurch unterstützt, dass
magische Rituale vollzogen werden. Hierzu gehören Gesänge mit Musikbegleitung
sowie das Murmeln mystischer Beschwörungsformeln. Die am meisten gebräuchliche
Formel lautet: Om mani padme hum, was übersetzt heißt: Oh,
Juwel in der Lotusblüte.
Organisation Der Lamaismus ist hierarchisch
aufgebaut. Die Ranghöchsten in der Hierarchie sind die beiden Lamas:
der Dalai-Lama und der Pantschen-Lama. Der Dalai-Lama gilt als die
Inkarnation des Bodhisattva Avalokiteshvara, während der Pantschen-Lama
als Inkarnation des Buddha Amitabha angesehen wird. Vor der Besetzung
Tibets durch die Chinesen 1950 hatten beide Lamas die gleiche Macht.
Heute besitzt der Dalai-Lama jedoch aufgrund seiner Befugnis zur Rechtsprechung
eine weit größere Autorität. Nach der Besetzung Tibets floh der gegenwärtige
14. Dalai-Lama nach ndien, wo er heute in Dharamsala im Exil
lebt.
Rituale,
Festtage und heilige Schriften Die Verbindung von Ritualen
und Mystik mit magischen Vorstellungen ist im Lamaismus auf den Einfluss
des Tantrismus zurückzuführen.
Nach Auffassung des Tantrismus
kann das Aussprechen von mystischen Formeln (Mantras) magische Kräfte
beschwören. Auch der Gebrauch von Mandalas geht auf tantrische Einflüsse
zurück. Mandalas sind magische Diagramme, die in Form eines Kreises
symbolisch den Kosmos darstellen und als Meditationshilfen dienen.
Es
gibt zahlreiche lamaistische Feste. Das bedeutendste ist das Neujahrsfest,
das den Frühlingsanfang markiert und im Februar gefeiert wird. Daneben
gibt es das Blumenfest, an dem der Inkarnation Buddhas gedacht wird.
Dieses steht am Anfang des Sommers. Das Wasserfest, das im August
und September stattfindet, leitet den Herbst ein.
Die
Schriften des Lamaismus sind in zwei große Sammlungen unterteilt:
den Tandschur, den Kanon der heiligen Bücher, und den Kandschur,
eine Sammlung von Ratschlägen und Vorschriften.
Mahayana Buddhismus
das große
Fahrzeug", wobei der Theravada-Buddhismus von den Anhängern des
Mahayana auch geringschätzig als Hinayana-Buddhismus oder kleines
Fahrzeug" bezeichnet wird.
Der Buddhismus
gewann nicht nur in Indien an Bedeutung, sondern auch in Sri Lanka,
Thailand, Kambodscha, Birma und Laos, wo hauptsächlich der Theravada-Buddhismus
verbreitet ist. Der Einflussbereich des Mahayana-Buddhismus erstreckt
sich neben Nordindien hauptsächlich auf China, Japan, Taiwan, Tibet,
Nepal, die Mongolei, Korea und Vietnam. Weltweit wird die Anzahl der
Buddhisten auf circa 300 Millionen Anhänger geschätzt, die zu
99 Prozent in Asien beheimatet sind.
Bild: Stehender Buddha ein geschenk Japans an
Korea im 8. Jahrhundert.
Mahayana unterscheidet drei Arten Buddhas:
Bodhisattwas gleichen Gautama vor
seiner Erleuchtung
Manushi-Buddhas waren wie Buddha Erleuchtete
auf Erden; sie sind ins Nirwana eingegangen
und für Gebete nicht mehr erreichbar
Dhyani-Buddhas kommen niemals auf
die Erde, sondern warten im Himmel auf ihr Nirwana und sorgen für
die Bedürfnisse der Menschen
Da
es den meisten Menschen nicht möglich ist, das Nirwana selbständig
durch Meditation zu erreichen, können sie sich an Bodhisattwas wenden,
die ihre eigene Erleuchtung und das Nirwana
aufschieben, um anderen zur Erlösung zu verhelfen.
Mahayana behauptet, daß jeder Mensch die Möglichkeit hat, ein Buddha
zu sein, auch wenn man dafür viele Geburten durchmachen muß.
Ein Unterschied zum kleinen Fahrzeug besteht darin, daß im Mahayana-Buddhismus
das Nirwana optimistisch mit einem grundsätzlichen Absoluten identifiziert
wird.
Der Buddhismus
ist nach Christentum, Islam und Hinduismus die Religion mit den viertmeisten
Anhängern.
Mandala
(Sanskrit: Kreis),
im Tantra- und esoterischen Buddhismus ein kosmologisches Diagramm,
das als Fixierpunkt bei der Meditation dient und ein Abbild des Universums
darstellt. Indem sich der Meditierende nacheinander auf jeden einzelnen
seiner Kreise konzentriert, nähert er sich seinem Zentrum. Jedes Mandala,
auf dem eine bestimmte Anzahl von Gottheiten oder abstrakte Symbole
dargestellt sind, besitzt eine eigene unverwechselbare Charakteristik,
obgleich die Grundstruktur aller Mandalas gleich ist. Der japanische
esoterische Buddhismus verwendet zwei Hauptmandalas, die Schoß-Welt
und die Diamanten-Welt. Mandalas des Buddha Vairocana sind
besonders in einer Richtung des buddhistischen Tantrismus
verbreitet, wo sie die Fülle der himmlischen Buddhas sowie die Buddhanatur
aller Realität zeigen. Künstlerische Darstellungen von Mandalas reichen
von bemalten Bildrollen bis hin zu den Sandmalereien des tibetischen
Buddhismus. Auch der riesige Tempel von Borobudur in Java hat die
Form eines gigantischen steinernen Mandalas.
Mantras
Mantra
(Sanskrit: Mitte des Denkens), im Hinduismus ein magischer Satz oder
eine Silbe. Ursprünglich bezeichnete der Begriff eine vedische Hymne.
Die Gayatri-Anrufung der Sonne, bei Sonnenaufgang rezitiert, ist das
bekannteste vedische Mantra; doch zu jedem hinduistischen Ritual gehören
die verschiedensten Mantras, die von der Gottheit den erwünschten
Segen erflehen (oder erzwingen). Im Lamaismus gilt der Satz Om
mani padme hum als Mantra. Mantras aus dem Atharva-Veda
wird die Kraft der schwarzen Magie und die direkte Einwirkung auf
Freund oder Feind zugeschrieben. Tantrische Mantras vereinigen diese
beiden Aspekte, indem sie während der Anrufung der Gottheit unmittelbar
durch die Macht des Wortes magische Kräfte beschwören.
Nidana
Kette der Kausalität, Verursachung von
Abhängigkeit
Nirwana:
(sanskrit: verlöschen,
verwehen), im Buddhismus Zustand frei von Leiden und individueller
bewusster Existenz. Das Wort leitet sich von einem Verb mit der Bedeutung
abkühlen", oder ausblasen" ab, wie z. B.
beim Auslöschen einer Kerze. Im übertragenen Sinn bedeutet es, dass
nur im Nirvana die Flammen der Begierde, des Hasses und der Unwissenheit
verloschen sind. Mit dem Erreichen des Nirwana endet der ewige Kreislauf
der Wiedergeburt.
Das Wesen des Nirwana wurde im Westen heftig diskutiert;
für die einen meint Nirwana die völlige Auslöschung, während andere
es als ewige Glückseligkeit interpretierten. Beide Standpunkte sind
fragwürdig; denn das Nirwana ist letzten Endes nicht beschreibbar
und kann nur unmittelbar erfahren werden. Die Mahayana-Buddhisten in Ostasien interpretieren
Nirwana nicht als ein äußerliches Ziel, sondern als das innerste Wesen
des Einzelnen, das dieser nur erkennen muss. Sie bezeichnen es als
Buddhaschaft oder Leere.
(Gesellschaft zur Schaffung
von Werten), buddhistische Laiengruppierung in Japan, die sich aus
der buddhistischen Nichiren-Sekte entwickelte. Soka-gakkai wurde am
18. November 1930 von Makiguchi Tsunesaburo gegründet, einem Volksschullehrer
und Erziehungsreformer, der zum Nichiren-Buddhismus konvertierte.
Er wollte die Gesellschaft mit Hilfe eines umfassenden Erziehungsprogramm
reformieren, das Werte des Nichiren beinhaltete. In Übereinstimmung
mit Nichiren verehrte auch er das Lotos-Sutra. Makiguchi und seine
wenigen Anhänger wurden 1943 wegen ihrer Kritik an der hintoistischen
Staatsreligion und an der Regierungspolitik verhaftet, wobei Makiguchi
im Gefängnis starb. Die nach Japans Niederlage 1945 befreiten Soka-gakkai-Mitglieder
leiteten eine Missionierungskampagne ein, die zu einer raschen Verbreitung
der Bewegung führte. Sokka-gakkai setzt sich auf allen Gebieten des
bürgerlichen Lebens für Reformen ein, die auf der Werttheorie des
Nichiren fußen. Ein wichtiger Ansatzpunkt für ihre Kritiker waren
ihre gewaltsamen Bekehrungsmethoden, Shakubuku (den Irrtum zerstören
und zum Folgen zwingen") genannt. 1964 gründeten sie ihre eigene
politische Partei Komeito (Partei der Sauberkeit"). Obwohl
diese 1970 ihre religiöse Bindung an die Sokka-gakkai verstärkte,
blieb sie eine bedeutende politische Kraft. Gegenwärtig umfasst die
Sekte, einschließlich ihrer Anhänger außerhalb Japans, etwa 6 Millionen
Mitglieder.
Tantra
Tantra (Sanskrit: Fäden,
Gewebe), eine Gruppe von esoterischen religiösen Schriften und Ritualen
des Hinduismus und Buddhismus. Die Hindu-Tantras wurden im Mittelalter
nach dem Vorbild der Puranas in Form eines Dialogs zwischen der Gottheit
Shiva und seiner Gefährtin Parvati geschrieben. In diesem Zwiegespräch
erläutert Shiva ihr die Philosophie und die Mythen, die dem Tantra-Ritual
zugrunde liegen. Dieses Ritual verlangt die Umkehrung normaler sozialer
Verhaltensweisen der Hindu (z. B. inzestuöse Sexualakte) und
die Umkehrung normaler physiologischer Prozesse (z. B. Samen
von der Frau an den Mann abzugeben). Es kehrt auch die Reinigungszeremonie
des orthodoxen Hinduismus panchagavya um, die darin besteht, sich
den fünf Erzeugnissen der Kuh" (Milch, Butter, Quark, Urin
und Kot) zu enthalten, bzw. sich von ihnen zu reinigen. Im Tantra
treten an deren Stelle die fünf ms": maithuna (Geschlechtsverkehr),
matsya (Fisch), mansa (Fleisch), mudra (Getreidekörner) und mada (Wein).
Tantra-Jünger lernen von einem Guru ihre psychosexuelle Energie, "die
zusammengerollte Schlangenmacht (Kundalini) am unteren Ende der Wirbelsäule,
über aufeinander folgende Energiebrennpunkte (chakras) bis zum höchsten
Chakra auf dem Scheitel anzuheben, wo sie dann in dieser gebündelten
psychosexuellen Energie die Vereinigung des Gottes und der Göttin
erfahren. Dieser Übungsweg (sadhana) beginnt mit einer systematischen
allmählichen bildlichen Vorstellung der Gottheit, die mit Hilfe von
Diagrammen (ayantras) und Zauberformeln (mantras) sichtbar gemacht
wird.
Der
buddhistische Tantrismus
ist die dritte große Schulrichtung des Buddhismus, das Donnerkeil-
oder Diamantfahrzeug (Vajrayana), das sich aus dem Mahayana-Buddhismus
entwickelte. Er wurde in Tibet vollendet und beeinflusste, vor allem
in Assam und Bengalen, den hinduistischen Tantrismus, von dem er selbst
auch beeinflusst wurde. Der Tantrismus,
der einst in ganz China und Nepal verbreitet war, ist heute im Wesentlichen
nur noch in Nordindien
zu finden.
Tipitaka
(Dreikorb; Sanskrit:
Tripitaka), Kanon der buddhistischen Schriften, der nach Themen geordnet
aus drei Teilen oder Körben" besteht. Das Tipitaka wird
von den Theravada-Buddhisten als vollständige
schriftliche Sammlung der Lehren Buddhas angesehen. Auch der Mahayana-Buddhismus erkennt den Kanon als
maßgebliche Schrift an, wobei jedoch den Mahayana-Sutras eine
größere Bedeutung beigemessen wird. Sein Inhalt wurde von den Jüngern
des Buddha anfänglich mündlich weitergegeben und in der zweiten Hälfte
des 1. Jahrhunderts v. Chr. niedergeschrieben. Buddha zog
offensichtlich Volkssprachen wie den weit verbreiteten Dialekt Pali
dem Sanskrit vor, einer Sprache, die in priesterlichen und gebildeten
Kreisen Indiens verbreitet war. Doch nach dem Tod des Buddha akzeptierten
seine Anhänger schließlich die Sanskrit-Sprache und übersetzten die
ursprünglich in Dialekten ausgelegten Lehren ins Sanskrit. Große Teile
dieser schriftlichen Sammlung, die auch als Sanskrit-Tipitaka
bezeichnet wird, wurden ins Chinesische sowie ins Tibetische übersetzt.
Der vollständige Kanon ist jedoch nur in Pali erhalten.
Das
Zusammenstellen des Tipitaka begann mit dem 1. Buddhistischen
Konzil in Rajagriha (dem heutigen Rajgir) kurz nach dem Tod Buddhas.
Das Konzil, an dem 500 Arhats teilnahmen, war einberufen
worden, um die von Buddha gelehrten klösterlichen Regeln (Vinaya)
sowie die Lehre (Dharma) festzulegen, die in den Lehrreden des Buddhas
(Sutras) enthalten sind. Man teilte schließlich die Sutras in mehrere
Sammlungen ein, die zuerst mündlich überliefert und dann in Sri Lanka
niedergeschrieben wurden. Das niedergeschriebene Werk wird als Pali-Kanon
bezeichnet. Auf dem 3. Konzil in Pataliputra (heute Patna) im
3. Jahrhundert v. Chr. wurde zum ersten Mal der dritte Korb"
(Pitaka) der philosophischen Systematisierungen (Abhidharma)
rezitiert. Der kanonische Status dieses letzten Korbes"
ist jedoch umstritten. Der Mahayana-Buddhismus und einige der frühen
Schulen nahmen ihn nicht auf, sondern fügten eigene Werke hinzu, so
dass das Sanskrit-Abhidharma sich beträchtlich von der Pali-Fassung
unterscheidet.
In
seiner heutigen Fassung setzt sich das Tipitaka aus dem Vinaya-Pitaka,
dem Sutra-Pitaka und dem Abhidharma-Pitaka zusammen.
Das Vinaya-Pitaka, das die Regeln des Zusammenlebens von buddhistischen
Mönchen und Nonnen festlegt, besteht aus drei Textgruppen: dem Sutta-Vibhanga
(Trennung der Regeln), den Khandhakas (Abschnitten) und dem
Parivara (Anhang). Das Sutta-Vibhanga ist unterteilt in das
Mahavibhanga (Regeln für die Mönche) und das Bhikkhuni-Vibhanga
(Ordensregeln für die Nonnen). Das Pratimoksha (Buch der Regeln)
stellt das Kernstück des Sutta-Vibhanga dar. Es ist eine Sammlung
von 227 Vorschriften für Mönche und 311 für Nonnen. Jede Vorschrift
ist mit einer Geschichte verbunden, die erzählt, wie Buddha diese
Regeln festlegte. Die 22 Khandhakas erklären Bestimmungen bezüglich
des Aufbaus und der Funktion des Sangha sowie des klösterlichen Zusammenlebens.
Sie befassen sich u. a. mit der Ordination, dem Klosterkalender,
der Ernährung und Kleidung. Ein großer Teil des ersten Khandhaka liefert
eine Teilbiographie des Buddha, und die beiden letzten handeln von
den frühbuddhistischen Konzilen. Das Parivara gilt im Allgemeinen
als Nachtrag zum Vinaya. Es besteht in Form von Fragen und Antworten
und fasst im Wesentlichen die Regeln und Vorschriften zusammen, die
in dem Sutta-Vibhanga und den Khandhakas ausführlich erläutert werden.
Neben dem Pali-Vinaya, das von den Mönchen der Theravada-Tradition
befolgt wird, existieren mehrere andere Fassungen mit einer unterschiedlichen
Anzahl an Regeln, von denen eine in Tibet und eine andere in China
und Korea befolgt werden. So sind drei Vinaya-Fassungen als lebendige
Traditionen erhalten, die sich auf Buddha zurückführen lassen.
Die
Sammlungen des Sutra-Pitaka enthalten die historischen Reden des Buddha,
die später durch umfassende Kommentare sowie Mythen und Legenden ergänzt
wurden. Es ist in fünf Sammlungen unterteilt: Digha-Nikaya
(Sammlung der langen Reden), Majjhima-Nikaya (Sammlung der
mittellangen Reden), Samyutta-Nikaya (Sammlung der vereinten
Reden), Anguttara-Nikaya (Sammlung der zahlenmäßig gegliederten
Reden) und Khuddaka-Nikaya (Sammlung der vermischten Texte).
Diese Gruppierungen entstanden durch das Auswendiglernen der Sutras
von Gelehrten, die sich dabei auf bestimmte Textlängen spezialisierten.
Das Digha-Nikaya enthält 34 Sutras, von denen sich einige mit
dem Leben und Tod des Buddha befassen. Das Majjhima-Nikaya umfasst
152 Sutras, obwohl die chinesische Übersetzung, die auf dem verloren
gegangenen Sanskrit-Original beruht, aus 222 Sutras besteht.
Das Samyutta-Nikaya enthält 59 Abteilungen, die nach fünf Gruppen
geordnet sind: insgesamt sind es 2 941 Sutras, von denen
einige zu den wichtigsten dogmatischen Erklärungen zählen wie z. B.
über Anatman (das Fehlen einer ewigen Seele) und Pratitya-Samutpada
(bedingtes Entstehen). Das Anguttara-Nikaya besteht aus 2 308
kurzen Sutras, die entsprechend der Anzahl der behandelten Themen
in jeder einzelnen eingeteilt ist. Das Khuddaka-Nikaya enthält 15
unabhängige Werke, darunter Gedichte, Loblieder von Mönchen und Nonnen,
dogmatische Erklärungen wie das berühmte Dhammapada (Wort der Lehre),
und die Jatakas, die Erzählungen über die früheren Existenzen des
Buddha. Ein Werk schildert die Existenzen der 24 früheren Buddhas.
Das
Abhidharma-Pitaka in der Pali-Fassung enthält sieben Werke über Themen,
die von der Lehre Buddhas abgeleitet sind, stellt aber überwiegend
Lehren des Theravada-Buddhismus dar. Viele Mahayana-Schulen haben
diesen Korb" durch eigene Abhandlungen ersetzt. Es handelt
sich um Werke von Gelehrten, jedoch nicht um eigene Worte Buddhas.
Das erste Werk ist das Dhammasangani (Zusammenfassung des Dharma),
eine Kategorisierung der Wirklichkeit nach ethischen Grundsätzen;
das Vibhanga (Trennung), das weitere Definitionen der verschiedenen
Aspekte der Wirklichkeit liefert, und das Dhatukatha (Erörterung
über die Elemente), das mehr Klassifikationen dieser Aspekte gibt,
sind im Wesentlichen Nachträge zu dem erstgenannten. Das Puggalapannatti
(Bestimmung der Person) ist eine Klassifizierung von Arten der menschlichen
Persönlichkeit, die größtenteils dem Sutra-Pitaka entnommen wurde.
Das Kathavatthu (Punkte des Meinungsstreites), dem Vorsitzenden
des dritten buddhistischen Konzils, Moggaliputta, zugeschrieben, behandelt
strittige Fragen und weicht zum Teil von der Lehre des Theravada ab.
Das Yamaka (Paare) ist eine paarweise angeordnete Auflistung
von grundlegenden psychologischen Vorstellungen. Das Patthana
(Aktivierungen) behandelt erschöpfend 24 Formen von kausalen
Beziehungen zwischen physischen und geistigen Phänomenen, wobei diese
Werke in erster Linie für die fortgeschrittenen Schüler des Buddhismus
verfasst wurden.
Nach
seiner Festlegung setzte sich das Tipitaka als autoritative Schrift
durch. Als vollständiges Werk blieb jedoch nur das in der Theravada-Tradition
stehende Pali-Tipitaka erhalten. Neben dieser Fassung existieren noch
fünf andere Vinaya-Fassungen, die früher zu verschiedenen frühbuddhistischen
Schulen gehörten. Neben erhaltenen Teilen des ursprünglichen Sanskrit-Textes
existieren fünf Vinaya-Fassungen in chinesischer und eine in tibetischer
Übersetzung. Ein vollständiges Sanskrit-Pitaka ist in chinesischer
Übersetzung und kleinere Teile in Sanskrit sowie in tibetischer Übersetzung
erhalten. Außerdem liegt ein vollständiges Abhidharma-Pitaka in Sanskrit
vor. Das chinesische und tibetische Tipitaka sowie andere Tipitaka-Fassungen
enthalten Sammlungen verschiedener Traditionen, so z. B. mahajanistische
Sutras, Abhandlungen, Tantras sowie Kommentare.
Theravada-Buddhismus
Theravada
(Pali: Schule der Ordensältesten"), einer der beiden Hauptzweige
des buddhistischen Glaubens, der in Sri Lanka, Birma, Laos, Kambodscha
und Thailand verbreitet ist. Der Theravada rühmt sich der Überlieferung
der wahren Lehren und Praktiken Buddhas, ein Anspruch, den auch der
Mahayana-Buddhismus erhebt. Die Schule
des Theravada führt seine Abstammung auf den ursprünglichen Sangha,
auf jene Klostergemeinde zurück, die zu den ersten Anhängern Buddhas
gezählt wird und die als kanonische Schrift den Palitext (Pali ist
eine zu Buddhas Lebzeiten verbreitete Sprache) der Tipitaka verehren,
die erste große Zusammenfassung buddhistischen Schriftgutes.
Die Theravada-Lehre verehrt den Buddha als einzigen, mit höchsten
Fähigkeiten ausgestatteten, allerdings sterblichen Lehrer, im Unterschied
zum Mahayana, der in der Nachfolge Buddhas eine Reihe transzendierender
Wesen anerkennt. Das Ziel jedes Theravadin ist der Arhat, der Weise,
der das Nirvana erreicht hat und niemals wiedergeboren wird. Im Unterschied
zum Bodhisattwa des Mahayana, der aus Mitleid allen Wesen zur Erlösung
verhelfen will, ist der Arhat hauptsächlich um sein eigenes Heil bemüht.
Der Theravada neigte zu doktrinärem Konservatismus und zu einer vorsichtigen
Auslegung seines Kanons, was dazu führte, dass er von den Vertretern
des rivalisierenden Mahayana, die ihre Tradition als Großes
Fahrzeug" bezeichneten, abfällig Hinayana oder Kleines
Fahrzeug" genannt wurde. Bild:Singhalesische Ruinen auf Sri Lanka In
Sri Lanka wurde eine der frühesten und reinsten Formen des Theravada-Glaubens
bewahrt. Viele Überreste buddhistischer Schreine, wie der hier abgebildete,
und erinnern an diese Zeit.
Vairocana
(Sanskrit: Strahlendes
Licht oder Großes Strahlendes Licht), im Mahayana-Buddhismus die höchste
kosmische Form des Buddha. Er gilt gewöhnlich als die Verkörperung
des innersten Wesens, als der ewige Leib (dharma-kaya) des
Buddha, als die höchste Form in der trinitären Struktur des Mahayana,
in der Buddha der Schöpfungsurgrund alles Seienden ist. Vairocana
ist der höchste der fünf kosmischen selbstgeborenen" Buddhas;
er wird aber gelegentlich auch gesondert über diese fünf Buddhas gesetzt.
Für die Shingon-Sekte in Japan, wo er Dainichi Nyorai heißt, ist er
der Urgrund und Erhalter der Welt. Shingon-Mandalas zeigen Vairocana
im Zentrum der Welt auf einem Thron als Manifestation der anderen
Buddhas und aller Dinge. Er erscheint auch in vielen anderen Formen,
u. a. als der grimmige japanische Verteidiger des Buddhismus,
Fudo Myo-o.
Vayrayana
Das
Vayrayana (Diamantenes Fahrzeug), das auch Mantrayana genannt wird,
ist die dritte große buddhistische Schulrichtung mit heute ca. 20
690 000 Anhängern.
Tantrayana
oder Fahrzeug des gespannten Wagens ist die Bezeichnung einer Richtung,
nach deren Lehre man mit Hilfe von Riten, heiligen Sprüchen und Formeln
wie mit einem Fahrzeug den Ozean des Kreislaufs des leidvollen Daseins
überqueren und ans jenseitige Ufer, das Nirwana, gelangen kann.
Zen-Buddhismus
Zen, buddhistische
Schule der Meditation, die in China und später in Japan aus der Verschmelzung
des indischen Mahayana-Buddhismus und dem chinesischen Taoismus entstand.
Der japanische Begriff Zen entwickelte sich aus dem chinesischen
Chan, das vom Sanskrit-Wort dhyana abgeleitet
ist und einen meditativen Zustand innerer Versenkung bezeichnet. Dhyana
meint in erster Linie den Bewusstseinszustand eines Buddhas, dessen
Geist sich nicht mehr um die Unterscheidung zwischen der Individualität
des einzelnen im Vergleich zu anderen bemüht. Alle buddhistischen
Strömungen vertreten die Auffassung, dass jedes Ding nur in Relation
zu einem anderen existiert. Dieses Charakteristikum der Leere"
(Sanskrit sunyata) verweist indes nicht auf die Nichtigkeit
der Welt, sondern sagt lediglich aus, dass kein System fester Definitionen
oder Klassifikationen die Natur zu erfassen vermag. Die Wirklichkeit
ist das So-Sein" (Pali tathata) der Natur oder der
Welt, unabhängig von allen damit verbundenen Gedanken.
Lehre
und Praxis Zen ist der chinesische Weg
zum buddhistischen Ziel, die Welt so zu betrachten, wie sie ist, ohne
ihr eigene Ideen oder Gefühle (Sanskrit trishna) hinzuzufügen.
Diese Haltung des Nicht-Geistes" (chinesisch wu-hsin)
entspricht einer Bewusstseinsstufe, auf der die Gedanken vorbeifließen,
ohne Spuren zu hinterlassen. Im Gegensatz zu anderen buddhistischen
Richtungen lässt diese Ebene sich in der Philosophie des Zen nicht
durch eine graduelle Praxis erlangen, sondern muss sich direkt und
plötzlich in einer Art Erleuchtungserlebnis äußern (chinesisch tun-wu;
japanisch satori). Der Zen lehnt daher sowohl Theorien als
auch spirituelle Übungen ab und vermittelt seine Vorstellung von Wahrheit
mit Hilfe der Methode des direkten Zeigens, das auf alle philosophischen
oder religiösen Probleme mit nichtsymbolischen Wörtern oder Taten
antwortet. Die Replik liegt in der Handlung an sich, nicht in dem,
was diese darstellt. Als typisches Beispiel mag die Erwiderung des
Zen-Meisters Yao-shan dienen, der auf die Frage, was der Weg des Zen
sei, zurückgab: Eine Wolke am Himmel und Wasser in der Kanne!"
Die Anhänger des Zen machen sich aufnahmebereit für derartige Antworten,
indem sie meditieren (japanisch za-zen) und dabei ohne geistigen
Kommentar beobachten, was immer auch geschieht.
Schulen Die beiden bedeutendsten Schulen
des Zen sind die Rinzai-Schule und die Soto-Schule in Japan. Letztere
legt größeren Wert auf die Meditation selbst, während erstere Meditationsprobleme
(japanisch koan) anhand von Dialogen (japanisch mondo)
wie dem oben zitierten erörtert, vorzugsweise zwischen alten Meistern
und ihren Schülern. Die Schüler der Soto-Schule sind gehalten, ihr
Verständnis für eine Antwort des Lehrers in nonverbaler, direkter
Form z. B. durch Zeigen im
Rahmen eines Einzelgesprächs (japanisch anzen) zu verdeutlichen.
Einfluss
auf Kunst und Handwerk In der Regel vermitteln halbklösterliche
Einrichtungen die Philosophie des Zen an Laien, die sich für einen
beschränkten Zeitraum der Gemeinschaft anschließen. Ein Zenkloster
entspricht daher in gewissem Sinne einer Trainingsstätte, in der Meditationsübungen
mit einer beträchtlichen Menge an manueller Arbeit abwechseln. Die
Studenten solcher Schulen widmen sich besonders der Kunst und dem
Handwerk, vor allem der Malerei, Kalligraphie, Gartenarbeit, Architektur
und der Tee-Zeremonie. In Japan kommen häufig Schwertfechten (Kendo),
Bogenschießen (Kyudo) und Jiu-Jitsu hinzu.
Auf
Kunst und Handwerk des Fernen Ostens übte der Zen großen Einfluss
aus, weil sich seinePhilosophie eher
mit der Tat als mit der Theorie verband und die Natur, so wie sie
erscheint, stets deren Interpretation vorzog. Der Geist dient nach
Auffassung des Zen als Fensterglas und nicht als Spiegel und sollte
deshalb eine direkte Sicht auf die Dinge statt deren Auslegung ermöglichen.
Alle die Natur und die Wirklichkeit betreffenden Theorien stören im
Grunde den unmittelbaren Blick. Mit dieser Position steht der Zen
in direkter Nachfolge des buddhistischen Religionsstifters Gautama
Buddha. Dieser hielt Leid für ein Resultat des Wünschens, da Geist
und Empfindungen sich selbst zunichte machten, wenn sie sich bewusst
an die Welt der Erfahrungen klammerten. Die Zenmalerei schöpft in
erster Linie aus der Natur: Vögel, Gräser, Felsen und Berge in einem
Stil, der ein Maximum an Technik mit einem Minimum an Planung und
Überlegung vereint. Ikonographische Darstellungen lehnt der Zen indessen
ab. Er bemüht sich darum, die Erfahrungen selbst, nicht aber die Ideen,
die sich aus ihnen ableiten, ins Bild zu fassen und fühlt sich keinem
System, keiner Lehre und keinem Glauben verpflichtet.
Geschichte Der Tradition zufolge verbreitete
der indische Buddhistenmönch Bodhidharma den Zen um das Jahr 520 in
China. Zu den wichtigsten Gestalten der ganz auf China konzentrierten
Anfangsphase gehörten Hui-neng, Te-shan und Lin-chi. Die chinesischen
Tuschezeichnungen der Sung-Dynastie (960-1280) zählen zu den besten
künstlerischen Werken der Zen-Schule.
Japaner,
die in China studiert hatten, führten die beiden großen Zen-Sekten
in ihrer Heimat ein: der buddhistische Mönch Eisai Myoan den Rinzai
Zen (1191), sein Mitbruder Dogen Kigen den Soto Zen (1227). Beide
Richtungen leben in Japan fort. Japanische Maler wie Sesshu, Sesson
Shukei und Jasoku schufen Bilder, die die Naturbetrachtung des Zen
zum Ausdruck bringen. Unter seinem Einfluss entwickelte sich die Tee-Zeremonie
in Japan zu einem ausgefeilten Ritus. Die Versform des haiku
verdankt ihre Entstehung ebenfalls dem Zen.
Das
Abendland begann sich nach der Veröffentlichung des ersten fachlich
kompetenten Beitrags über den Zen mit dessen Lehre und Praxis auseinanderzusetzen.
Er stammte von dem japanischen Wissenschaftler Daisetz T. Suzuki
und erschien in englischer Sprache unter dem Titel Essays in Zen-Buddhism
(Essays zum Zen-Buddhismus). Nach dem 2. Weltkrieg und der
Besetzung Japans durch die Amerikaner nahm das Interesse der Europäer
und US-Bürger insbesondere unter Künstlern, Philosophen und Psychologen
abermals zu. Eine große Anziehungskraft übte der Zen vor allem auf
abstrakte und nichtgegenständliche Maler und Bildhauer aus. Die Philosophen
entdeckten Parallelen zum Konzept des österreichischen Denkers Ludwig
Wittgenstein, zur Theorie der allgemeinen Semantik des amerikanischen
Publizisten und Wissenschaftlers Alfred Korzybski und, in gewissem
Maße, zu Überlegungen des deutschen Existenzphilosophen Martin Heidegger.